Warum Top-Executives im Mittelstand scheitern (und es selten an der Kompetenz liegt)

Der Große Übersetzungsfehler: Warum Top-Executives aus dem Konzern im Mittelstand scheitern – und wie Sie es vermeiden

Ein Systemwechsel, kein bloßer Jobwechsel

Sie haben Milliarden-Budgets verwaltet, komplexe internationale Matrizen gesteuert und in Ihrer Vita stehen imposante Transformationen. Wenn Top-Executives von einem globalen Konzern zu einem inhabergeführten „Hidden Champion“ im Mittelstand wechseln wollen, bringen sie oft einen exzellenten Track-Record mit.

Doch erstaunlich oft scheitern diese hochqualifizierten Führungskräfte – nicht etwa an ihrer Kompetenz, sondern bereits im Vorstellungsgespräch mit dem Inhaber.

Das liegt daran, dass der Wechsel vom Großunternehmen zum Mittelstand kein bloßer Jobwechsel, sondern ein fundamentaler Systemwechsel ist.

1. Die Diskrepanz der Professionalität: Prozess vs. Wirkung

Die Wurzel des Problems ist eine tief verwurzelte, unterschiedliche Definition von Professionalität:

AspektKonzern-KulturMittelstands-Kultur (Hidden Champion)ProfessionalitätProzess-Compliance, politische Abstimmung, Skalierung, Risikominimierung.Unternehmerische Konsequenz, Geschwindigkeit, Kosten-Wirksamkeit, direkte Wertschöpfung.ErfolgsmessungBudgeteinhaltung, Stakeholder-Zufriedenheit, strategische Ausrichtung.Wirkung pro eingesetztem Euro, Problemlösung, Wachstum.EntscheidungswegMatrix, Gremien, Konsens.Kurze Wege, Inhaber entscheidet, Handeln vor Denken.

Im Konzern gilt derjenige als professionell, der einen sauberen, dokumentierten Prozess durchläuft, selbst wenn das Ergebnis dadurch verzögert wird. Im Mittelstand gilt derjenige als professionell, der das Problem löst, bevor es kritisch wird, und zwar mit minimalem Overhead.

Der Inhaber fragt sich nicht: "Passt dieser Kandidat in unsere Matrix?" Er fragt: "Löst dieser Mensch mein brennendes Problem, bevor er mein Geld mit unnötigen Prozessen ausgibt?"

2. Der Fehler im Pitch: Die Konzern-Welt erklären

Viele Executives tappen in die Falle des Übersetzungsfehlers. Sie versuchen, ihre Konzern-Welt zu erklären, um ihre Leistung zu beweisen:

Die Konzern-Sprache: "Ich habe die globale HR-Transformation nach dem SAFe-Framework geleitet und das Stakeholder-Alignment in der Steering-Group sichergestellt."

Was der Inhaber hört: Das klingt nach Kosten, Bürokratie, sechs Monate Dauer und 100 Power-Point-Folien. Der Fokus liegt auf dem Wie (dem Prozess), nicht auf dem Was (dem Ergebnis).

Der Mittelständler hat weder die Geduld noch die Ressourcen für politisches Geschick oder endloses Alignment. Er braucht eine Person, die handelt, entscheidet und das Risiko des Ergebnisses selbst trägt.

3. Die Lösung: Erfahrung in die Währung des Mittelstands übersetzen

Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, die eigene Erfahrung in die Währung des Mittelstands zu übersetzen: Unternehmerische Konsequenz und direkte Wertschöpfung.

Fokussieren Sie sich auf die Outcomes und die ökonomische Logik Ihrer Entscheidungen:

Die Mittelstands-Sprache: "Wir haben durch die Straffung der Entscheidungswege und die Eliminierung redundanter Schleifen die Time-to-Market um 20 % verkürzt, was zu einer Umsatzsteigerung von X Millionen im ersten Jahr geführt hat."

Der Unterschied:

  • Statt über das "agile Framework XY" zu sprechen, sprechen Sie über Beschleunigung und Effizienzgewinn.

  • Statt über "Change Management" zu sprechen, sprechen Sie über schnellere Adoption und höhere Mitarbeiterproduktivität.

  • Statt über "Budget-Verwaltung" zu sprechen, sprechen Sie über Kapitalrendite (Return on Investment).

Dies ist kein semantischer Trick, sondern der Beweis, dass Sie den Kern des Geschäfts, die Wertschöpfung, verstehen – unabhängig von der Größe des Unternehmens.

Fazit: Cultural Fit ist ein Verständnis von Wertschöpfung

Cultural Fit im Mittelstand entsteht nicht durch eine ähnliche Persönlichkeit, sondern dort, wo das gleiche, unternehmerisch geprägte Verständnis von Wertschöpfung herrscht.

Wenn Sie zeigen, dass Sie komplexe Herausforderungen mit der Schnelligkeit und Ergebnisorientierung eines Inhabers denken, haben Sie den Übersetzungsfehler überwunden. Erst dann erkennen Inhaber in Ihnen einen echten Partner, der nicht nur verwaltet, sondern gestaltet und liefert.

Sind Sie ein Executive, der vor dem Sprung in den Mittelstand steht? Lassen Sie uns gemeinsam Ihre "Mechanik des Erfolgs" schärfen und Ihre Kompetenzen in die Sprache der unternehmerischen Konsequenz übersetzen. Möchten Sie, dass ich Ihnen konkrete Formulierungsbeispiele für die wichtigsten Führungsbereiche (wie Digitalisierung oder M&A) ausarbeite?

Weiter
Weiter

Eiszeit im Management? Warum Führungskräfte jetzt umdenken müssen.